Die meisten Menschen sagen sich: „Ich kann das Leben erst dann annehmen, wenn ich diese und jene Probleme losgeworden bin.“ Das ist genauso töricht, wie in einen dunklen Raum zu gehen und zu sagen: „Bevor ich eine Kerze anzünde, muss ich die Dunkelheit verjagen. Erst dann, wenn ich die Dunkelheit los bin, kann ich eine Kerze anmachen.“ Die Dunkelheit verschwindet automatisch, sobald man die Kerze angezündet hat. Und sobald man sein Leben ohne Wenn und Aber angenommen hat, verschwinden nach und nach auch die Krisen.
Heute weiß ich zwei Dinge gewiss. Erstens: Je mehr wir uns gegen ein Geschehen sträuben und gegen es aufbegehren, umso wichtiger und größer machen wir es, umso mehr Macht geben wir diesem Ereignis über uns, umso mehr liefern wir uns ihm aus.
Und zweitens: Immer, wenn wir im Außen etwas ablehnen, heißt dies nach dem hermetischen Leitprinzip „wie innen, so außen“, dass wir intolerant gegen etwas in uns selbst sind, dass wir uns selbst nicht annehmen und dass es an der Zeit ist, mit sich selbst ins Reine zu kommen.
Das sollte man verstehen, um mit einer solchen Situation fertig zu werden. Ablehnung ist nie die Lösung. Es hatte lange gedauert, aber irgendwann während meiner großen Lebenskrise dämmerte mir, dass es keine Lösung ist, wegzuschauen. Dadurch ändern sich die Dinge nicht. Irgendwann war ich es leid, mich im Kreis zu bewegen, gab den Widerstand auf und ICH STELLTE MICH DER REALITÄT!!! Wenn ich mich verletze und blute, dann IST DAS EBEN SO. Hört die Blutung auf, nur weil ich sie nicht sehen will? Ganz sicher nicht. Wir müssen hinschauen, auch wenn uns das, was wir sehen, gegen den Strich geht. Und genau das tat ich: Ich schaute den unangenehmen Dingen ins Auge und siehe da, schon fühlte ich mich ein klitzeklein wenig besser. Das war schon klasse. Der erste Schritt war damit getan, ein Zurück gab es nicht mehr. Und von da an ging es langsam wieder bergauf, ich verließ die Passivität und wurde wieder handlungsfähiger. Dies ist der erste Schritt, der aus der Krise heraus führt.
„Unser ganzes Leben gleicht einer Reise. Es kommt nicht darauf an, die Hindernisse zu umgehen, sondern sie zu meistern.“ (Augustinus)
Das obige Zitat hat soooooo recht. Wenn sich jemand in der Schule durchmogelt und es von der 6. in die 7. Klasse schafft, so wird er spätestens im neuen Schuljahr an der ersten Hürde scheitern. Also mogeln wir uns nicht an Hürden vorbei, sondern gehen wir sie an. Nachdem ich meine Krise hinter mir ließ, dachte ich oft daran, wie schwer ich es mir damals doch gemacht hatte. Seitdem male ich mir manchmal in meiner Phantasie aus, ein Postbote würde an meiner Tür klingeln, um mir mein „Krisenpaket“ zu übergeben. Wenn ich die Annahme verweigern würde, würde der Bote jeden Tag bei mir klingeln kommen, was mir früher oder später tierisch auf den Keks gehen und das Leben vermiesen würde. Warum es sich so schwer machen? Es wäre doch viiieeel einfacher, das Paket gleich beim ersten Mal in Empfang zu nehmen. Damit würden wir uns viel Ärger sparen und uns selbst einen riesengroßen Gefallen erweisen. Wir wollen die Botschaft des Lebens, die uns unangenehm ist, nicht verdrängen (denn dann wandert es nur ins Unterbewusstsein und wirkt dort weiter). Wir wollen sie auch nicht vernichten (denn das erzeugt Disharmonie und klappt letztendlich doch nicht). Nein, wir wollen sie transformieren. In etwas Positives.
Und um das zu schaffen, gilt es zunächst einmal, sich mit den Gegebenheiten abzufinden. Stell Dir vor, das Problem würde so zu Dir sprechen:
„Ich weiß, dass ich Dich nerve, aber ob Du es nun glauben magst oder nicht: Ich bin ein Teil von DIR. Nicht von Deinem Nachbarn, nicht von Deinen Freunden und auch nicht von Deinem Haustier. DICH rege ich auf, DIR raube ich den Schlaf, DICH ängstige ich, also liegt es an DIR, mich zu transformieren. Ich will Dich nämlich gar nicht nerven und würde mich freuen, wenn Du mich von einer Raupe in einen Schmetterling verwandelst, so dass ich meinen Schrecken verliere. Und eins ist sicher: Nur DU kannst mich verwandeln, niemand sonst!!!“
Die Situation WILL angenommen werden, also kooperieren wir mit der Krise, machen wir „Teamwork“ mit ihr, formen wir sie in etwas um, was sowohl ihr als auch uns gefällt.
Stellen wir uns dazu vor, unsere Krise würde als personifizierter Mensch vor uns sitzen. Dann sprechen wir uns alles von der Seele. Sagen wir der Krise, wo der Schuh drückt, wie unsere Empfindungen sind und dass wir die Krise annehmen. Das Annehmen der gegenwärtigen Situation führt uns ins Hier und Jetzt. Und sobald man im gegenwärtigen Augenblick ist, gibt es keine Widerstände mehr. Machen wir es so wie der indische Philosoph und spirituelle Lehrer Krishnamurti. Er bereiste die ganze Welt und hielt Vorträge. Bei einem seiner letzten Vorträge verriet er sein Geheimnis. Er sagte: „Ich habe nichts gegen das, was geschieht.“
„Wenn Glücklichsein das Ideal ist, müssen wir lernen, unter allen Bedingungen und Umständen glücklich zu sein, nicht nur unter Umständen, die wir erwarten oder gut heißen. Solange es in unserem Leben Dinge gibt, die wir nicht akzeptieren wollen, werden wir leiden. Die neurotische Angewohnheit, die unseren Frieden mehr als alles andere stört, ist unser Verlangen, die Dinge anders haben zu wollen, als sie sind.“ (Paul Ferrini)
Ein Meister des Lebens freundet sich mit jeder Situation im Leben an – so dass die Situation ihm wohlgesonnen wird und sich schließlich in etwas Freundschaftliches verändert, auch wenn sie zuvor wie ein Feind bzw. wie eine Bedrohung angesehen wurde.
Der König versprach seinem Volk, dass er das Land seiner Feinde erobern und diese vernichten werde. Das solle auch dem Volk zugute kommen. Dann kam das Gerücht auf, dass man den König zusammen mit seinen Feinden an einem Tisch gesehen hätte. Im Volk kam es zum Aufruhr und es forderte vom König, dass er sein Versprechen einhalten und mit seinen Truppen in den Kampf ziehen solle. „Was habe ich euch versprochen?“ schrie der König in die Menge. Das Volk antwortete: „Unsere Feinde zu vernichten!“ Der König antwortete mit erhobenem Haupt: „Ich habe mit unseren Feinden an einer Tafel gesessen. Ich habe mit ihnen gelacht. Ich habe sie vernichtet, indem ich sie zu unseren Freunden gemacht habe!“ Daraufhin wurde es ruhig in der Menge.
Ein SUPER-RATSCHLAG für uns alle. Das bedeutet, dass alles, was wir uns vom Leben wünschen, sich erst dann verwirklichen kann, wenn wir die Alltagsrealität anerkannt haben, wenn wir eine volle Akzeptanz dieser Realität in uns spüren, wenn wir unseren Frieden mit ihr gemacht haben und kein Bedürfnis in uns verspüren, gegen sie zu kämpfen bzw. ihr zu widersprechen.
„Nicht widerstreben, nicht urteilen, nicht anhaften sind die drei Aspekte wahrer Freiheit und eines erleuchteten Lebens.“ (Eckhart Tolle)
Kein Lösungsversuch, der auf Ablehnung beruht, kann fruchten. Das Leben wird uns nichts „Positives“ geben, solange wir dem, was wir gegenwärtig erleben, nicht auch etwas Positives abgewinnen. Das ist eine ungeheuer wichtige Wahrheit, deren Verinnerlichung das ganze Leben zum Guten verändern kann. Ich denke dabei oft an das Märchen vom Froschkönig. Ein Frosch ist nicht gerade das, was man als attraktiv bezeichnet. Ebenso ist auch unsere Krise erst einmal „hässlich“. Sobald man aber den Frosch annimmt und küsst, wird aus ihm ein gutaussehender Prinz. Und im übertragenen Sinne gilt das auch für unsere Krisen – durch Annahme wird aus etwas sehr Unschönem einige Zeit später etwas Lehrreiches, etwas Wegweisendes. Halten wir uns stets vor Augen: Solange wir das Leben ablehnen, ganz gleich in welchen Bereichen, wird das Leben auch uns ablehnen.
Es ist wie ein Spiegel, der sagt: „Wie Du mir, so ich Dir.“ Auch wenn ich mich aufgrund einer kritischen Lebenslage gerade hilflos fühle, fliehe ich nicht vor diesem Gefühl, sondern öffne mich ihm. Für mich ist das kein Zeichen von Schwäche oder Unfähigkeit. Ich nehme meine Gefühle an und sage JA zum Leben – und zwar genau so, wie es sich mir gerade zeigt. Denn ich weiß, dass das Leben mir gegenüber nie feindlich gesinnt ist. Dieses zu erkennen und aus dieser Erkenntnis heraus zu leben, ist die „Wurzel alles Guten“.
Manche Menschen denken vielleicht, dass man NUR DANN glücklich sein kann, wenn man gesund, wohlhabend und gesellschaftlich anerkannt ist. Wäre das tatsächlich so, dann wären die westlichen Wohlstandsstaaten das reinste Paradies. Glücklich sein kann man vor allem durch Hingabe an den gegenwärtigen Augenblick sein. Ich bin heute nicht lange gegen den gegenwärtigen Moment, stattdessen nehme ich meistens schnell die schattige Seite ebenso an, wie die sonnige. Ich kämpfe nicht gegen sie an und ich versuche auch nicht, sie zu umgehen oder zu vermeiden. Ich bin schlicht und ergreifend hingebungsvoll. Und nicht nur dann, wenn es gerade so läuft, wie ich es haben will. Hingabe bedeutet: Einverstanden sein mit dem, was IST. Ich vertraue darauf, dass sich vieles ändern wird, sobald ich mich der aktuellen Situation hingegeben habe. Das gibt mir die Kraft, unangenehme Lebensumstände zu Ende zu erleben. Also: Wenn Krisen sich in unserem Leben zeigen, wenden wir uns ihnen zu und lassen sie auf diese Weise gehen. Es ist sooooo einfach, wenn man es einmal verstanden hat!
Ein Wanderer: „Wie wird das Wetter heute?“ Der Schäfer: „So, wie ich es gerne habe.“ „Woher wisst Ihr, dass das Wetter so sein wird, wie Ihr es liebt?“ „Ich habe die Erfahrung gemacht, mein Freund, dass ich nicht immer das bekommen kann, was ich gerne möchte. Also habe ich gelernt, immer das zu mögen, was ich bekomme. Deshalb bin ich ganz sicher: das Wetter wird heute so sein, wie ich es mag.“
Nehmen wir das an, was ist, denn erst dann wird die Veränderung überhaupt möglich. Erst dann können wir darüber hinaus wachsen. Deshalb erkenne die Wahrheit und nimm sie urteilslos an. Durchlebe die gegenwärtige Lebenslage, fliehe nicht vor ihr, stell Dich ihr, aber bekämpfe sie nicht, gehe durch sie hindurch und damit auch über sie hinaus. Sage JA zum Leben und versuche dabei nichts auszuschließen. Nimm das Leben in seiner Ganzheit an.
Lange Rede, kurzer Sinn. Als Zusammenfassung dieses Blog-Textes hier nochmal das Wichtigste in aller Kürze:
- Anerkenne, was ist (z.B. „Ich bin erkältet oder ich bin gerade mit dem Problem XY konfrontiert.“)
- Räume die Möglichkeit ein, dass sich der IST-Zustand ändern kann. Nichts geschieht einfach so, aus einer Laune heraus.
- Gehe ins Vertrauen, dass sich alles zum Wohle aller ändern wird, wie immer dies auch aussehen mag. Aber stelle dich der Herausforderung!
Herzlichst, Deine Dragica
PS: Was empfindest du jetzt, wo du diesen Text gelesen hast? Kannst du ihn annehmen oder hast du Widerstand? 😉 Bitte hinterlasse mir im Kommentar ein paar Zeilen. Vielen Dank!
Liebe Dragica,
herzlichen Dank für diesen sehr weisen Artikel. Ich kann ihn sehr gut annehmen, ganz im Gegensatz zu der Situation, in der ich mich vor ein paar Stunden befand. Erst nachdem ich mir klar gemacht hatte, dass ich mir diese Situation ja durch meine Gedanken, Gefühle und Vorstellungen selbst erschaffen und dadurch die Verantwortung dafür übernommen hatte, befand ich mich wieder in Frieden damit.
Auch wenn es zu Beginn nicht immer ganz leicht ist, den Spiegel zu akzeptieren, den uns die Außenwelt vorhält, so kann ich doch nur jedem empfehlen, sich darin zu üben. Dieses Annehmen bedeutet für mich, den Kampf loszulassen und mich anschließend auf das zu konzentrieren, was ich stattdessen lieber erfahren möchte. Das tägliche Leben ist für mich und andere Menschen dadurch seit vielen Jahren wesentlich erfreulicher geworden!
Herzliche Grüße
Katharina
Liebe Katharina,
vielen Dank für deine Rückmeldung. Es freut mich sehr, dass der Text Dir weiter geholfen hat.
Alles Liebe
Deine Dragica
Hallo liebe Dragica,
ich finde den Text super toll. Ich Lebe schon ganz lange danach. Denn genau darauf kommt es an, ob ich es so annehme oder nicht. Ich kann nur aus meiner Erfahrung sagen, es lebt sich so Glücklich und Zufrieden. Man hat keine Negativen Gedanken, also man kann immer mit einem Lächeln in die Welt rausgehen.
Meine Freunde sagen zu mir: Du siehst doch im “Schlechten” immer das gute.
Ja, deswegen bin ich immer in meinem Sein.
Liebe Andrea,
das freut mich wirklich sehr, wie Du Deine Veränderung beschreibst.
Danke für Dein SEIN.
Herzliche Grüße
Dragica
Liebe Dragica,
soeben habe ich diesen Text gelesen. Bis zum Ende, obwohl ich eigentlich meine Tochter wecken müsste. 🙂 Ich bin sehr berührt und aufgeregt und habe ein Gefühl von von den Augen gefallenen Schuppen. Zwischendurch hatte ich immer mal wieder eine mich oft begleitende Frage im Kopf: ‘Ich würde das (z.B. loslassen) ja gerne tun, aber WIE???’
Deine Zusammenfassung hat mir die Frage beantwortet. ‘Anerkenne was ist’. Seit Jahren versuche ich, mein Leben positiv zu denken und zu fühlen und die negativen Sachen auszuschließen. Ich denke, ich habe den Fehler gefunden. 🙂
Danke!!!
wow liebe Jana,
dass macht mich sehr glücklich. Das ist der Sinn von diesem Blog, damit Menschen bewusst / wach werden und verstehen, dass wir uns das Leid immer wieder selbst erschaffen. Durch unser anders reagieren auf Menschen und Situationen erleichtern und verschönern wir uns selbst das Leben.
Mein im Dezember 2016 erschienenes Buch kann Dir noch weiter helfen und noch mehr zu erkennen “Vom Wollen zum SEIN” http://amzn.to/2oEH9eX
Herzliche Grüße
Dragica